Silvia Langen

Die Kunst liegt in der Natur

Spektakuläre Skulpturenparks und Kunstlandschaften

208 Seiten, 24x30, 150 Farbabbildungen
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag

Prestel Verlag, München, 2015


ISBN: 978-3-7913-8117-6 - € 49,95 [D] / € 51,40 [A] / CHF 65,00

 

 

 

Kunstwerke, Kunstausstellungen und Kunstauktionen haben Hochkonjunktur und beeindrucken mit Höchstpreisen. Hat die Sucht nach Rekorden nun auch noch die "Kunst in der Natur" ergriffen?

Ab den 1980er Jahren entstanden weltweit neue Skulpturenparks. Besonders beeindruckend, ja spektakulär sind etwa
Gibbs Farm in Neuseeland, eine modellierte Landschaft mit Richard Serras längster Stahlpatte.
Roden Crater, Räume im Krater eines erloschenen Vulkans, ein Lichtkunstwerk von James Turell in Flagstaff, Arizona.
Time and Space, Andrew Rogers Bodenzeichnungen als Steinmauern in der kappadokischen Hochebene, die man nur aus der Luft sieht, in der Türkei.
Museo Subacuático de Arte, 500 Skulpturen auf 420 Hektar Meeresboden in Mexiko (nur mit einem lizenzierten Tauchbegleiter erreichbar).
Centro de Arte Contemporânea Inhotim, Brumadinho, Brasilien – vielleicht das Projekt mit den vielfältigsten Facetten.
Stiftung Insel Hombroich, bei Neuss: Kunst und Architektur in einer renaturierten Landschaft.
● Schon ab 1957 entstand The Rock Garden, Kunst aus Abfall, im indischen Chandigarh, mit 5000 Besuchern, täglich.
● Ab 1959 entstand der Skulpturenpark St. Margarethen. Bei 11 Bildhauersymposien schufen rund 110 internationale Künstler um die 150 Werke. 47 davon sind noch bis heute dort verblieben.
● Mit dem Skulpturenpark Las Pozas
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Mit dem Skulpturenpark Las Pozas schuf sich Edward James in Mexiko seinen exotischen Garten Eden. Der mit surrealen Figuren gefüllte Park gleicht einer "verwunschenen Urwaldstadt, mit unvollendeten Palästen, Tempeln, Pagoden und Treppen, die ins Nirgendwo führen .. ." Begonnen um 1962 wurde er 2007 in eine Stiftung umgewandelt und gehört seit 2009 zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Dass eine Auswahl nicht leicht fiel, schreibt Langen selbst und nennt noch weitere Kunst-Orte, die ähnlich beeindruckend sind und jeden Besuch lohnen.

"Think Big" - "Nicht kleckern, klotzen"?
Liest man die Texte, die die Kunsthistorikerin und Journalistin Silvia Langen den fünfundzwanzig Orten der Kunst beifügt, verflüchtigt sich dieser Gedanke.
Vom Westen der USA, über Mexiko nach Brasilien, über Marokko, Europa, die Türkei, Indien und Japan ist sie bis nach Neuseeland gereist.


Langen wollte ergründen, welche Motive und Ziele Kunstsammler, Künstler und Initiatoren mit bisweilen eigensinniger Beharrlichkeit verfolgen. Ihre Kernfragen waren: "Was macht Kunst in der Natur so attraktiv?" "Warum werden die interessanten Skulpturenparks meist von Privatpersonen - Kunstsammlern und Künstlern - angelegt?" "Welchen Zweck verfolgen sie damit?" Die Antworten, die sie von ihren Gesprächspartnern erhielt, verschaffen den Projekten eine lebendige und eindrucksvolle Plastizität.

Die Autorin lernte Menschen kennen, die als Industrielle erfolgreich waren, als Banker, Immobilienentwickler, Werbungsexperten, Künstler und Kunstsammler …

Durch ihre Projekte wollen sie politische und soziale
Veränderungen, neue Seh- und Lebensweisen anstreben oder als Künstler ökologische Vorstellungen umsetzen.


Und dafür tun sie sehr viel.

Sind dies nun Exzentriker oder Egomanen, die sich ein Denkmal setzen wollen, haben sie missionarische Ambitionen? Wollen sie etwa ganz außergewöhnliche Orte, für ein besonders exklusives Publikum erschaffen?
- So unterschiedlich wie die Skulpturenparks so vielfältig sind auch die Beweggründe der Initiatoren.

Ein Grund liegt vielleicht darin, dass jede Kunstpräsentation im Museum Werke auf eine primär ästhetische Wirkung reduziert und ihnen die Vielseitigkeit nimmt, die Kunst im Zusammenspiel mit der Landschaft entwickelt. Ein Hauptgrund ist jedoch sicher, dass die Künstler ihre Werke speziell für den Standort geschaffen haben, Werk und Umgebung damit zu einer inspirierenden Einheit für Jedermann werden können. Verschiedene Standorte des Betrachters, Veränderung durch die Jahreszeiten, die Vegetation, Licht, Schatten und Wetterphänomene, jedes Mal sieht erlebt man andere Facetten.

Verschiedene Entstehungsjahre (-zeiträume), Unterschiede im kunsthistorischen Fokus, im künstlerischen Stil – so werden Entwicklungszusammenhänge deutlich und lassen ein beinahe kaleidoskopisches Bild entstehen.

Wer diese Orte (be)sucht, tut dies bewusst. Man fährt nicht zufällig zum ehemaligen Zisterzienserkloster Schoenthal, obwohl es nahe bei Basel liegt. Wer verirrt sich zum Garden of Cosmic Speculation im schottischen Dumfries, exakt an dem einzigen Tag des Jahres, an dem er geöffnet ist? Oder zu Gibbs Farm in Neuseeland? Wer erkennt zufällig den Eingang zum Park der Fundaziun Not Vital im Engadiner Sent?

Gestaltung des Katalogs:
Neben Silvia Langen hat sich auch der Prestel Verlag reichlich Mühe gegeben. Nur so konnte dieses wunderbare Buch entstehen, bei dem Umschlag, Papier, Schrift, Layout und vor allem auch die Fotos ausnehmend gut sind. Darin steckt viel Arbeit, für den Leser ist es aber eine wahre Freude.

Nur im Anhang schmälerten Kleinigkeiten meine Begeisterung: Im Skulpturenpark St. Margarethen ist der "Grenzstein" von Karl Prantl abgebildet (S. 196). Stand er früher an der österreich/ungarischen Grenze in Nickelsdorf, so ist er heute in Pöttsching zu sehen. Weitere Details sind missverständenlich: Der "Hügel", auf dem fast alle Skulpturen der Bildhauersymposien stehen, ist jederzeit frei zugänglich. Allein für den eingezäunten "Römersteinbruch" gelten Beschränkungen.

Ein alphabetisches Künstlerverzeichnis in Verbindung mit den Skulpturenparks hätte häufiges Blättern erspart.

Bei einigen Projekten könnten Hinweise auch zu weiteren Websites übersichtlichere Informationen und Fotos anbieten.


Lesen Sie Silvia Langens Buch. Besuchen Sie möglichst viele Parks. Erkennen Sie, wie viele romantische Träume in Ihnen selbst stecken.


Text: ehauff - 07/2015

* Fotoserie: "Impressionen im Skulpturenpark Las Pozas"
Wikipedia schreibt dazu
Youtube - 3:16 Minuten und Youtube - 6:36 Minuten