Ob absurde Stadtrundgänge, Gesänge zu Kirchenglocken oder Videos auf
Häuserfassaden - eine neue Künstlergeneration spielt mit dem, was der urbane Raum
bietet. Doch hinter dem bunten Treiben steckt mehr als nur ein Spiel: Es geht
um das Moment der Freiheit im stark strukturierten, kontrollierten und
überwachten Raum.
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Nasan Tur:
"Backpacks", 2006-2008, Demonstrations-Rucksack bei der Frankfurter
Ausstellung
"Playing the City"
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Alles fing mit den Reiterstandbildern an: Oft stehen
sie seit mehr als hundert Jahren monumental auf ihren Sockeln. In
Herrschermanier thronen sie über den Köpfen der Betrachter - stolz, mit
erhobenem Haupt, die Zügel ihres Pferdes fest in der Hand. Diese Ikonen sind
für die Ewigkeit gemacht.
Der Gedanke, eine Kunst für jedermann zu schaffen, ist alt.
[..]
"Diese Kunst reagiert auf das Leben, wo es passiert"
"Wenn man Menschen dazu bringt, an Kunst mitzumachen, dann kann das in
einer Freiheit münden, die zumindest als Horizont beziehungsweise als
Möglichkeitssinn vorhanden ist", erzählt Matthias Ullrich, Kurator der
Schirnkunsthalle in Frankfurt. Dieser Mann mit intellektuellem Auftreten -
Vollbart, Hornbrille, schwarzes Hemd unter schwarzem Samtsakko und Turnschuhe -
muss es wissen. Ulrich hat letztes Jahr die groß angelegte Ausstellung
"Playing the City" kuratiert, die zwei Wochen lang das Frankfurter Stadtgeschehen
in künstlerische Aktivitäten involvierte. Den Takt der Stadt verändern, in
Rhythmen eingreifen, private Handlungen offen legen, mit Irritation spielen,
Absurditäten des Lebens aufzeigen - das sind Themen, für die sich die Künstler,
die sich mit der Bespielung der Stadt beschäftigen, interessieren. [..]
"Botschaften subtil bemerkbar machen"
Diese Kunst reagiert dort auf das Leben, wo es passiert: auf der Straße. Doch
kann Kunst eine moralische Institution darstellen? [..] Die Zufälligkeit der
Begegnung des Künstlers mit dem Publikum und die Zeit in der sie stattfindet
sind wichtige Elemente zur Realisierung der Stadtperformances. Die Wirkung beim
Betrachter kann man nicht immer einschätzen. [..]
"Künstlerische Strategien der Aneignung von urbanem Raum"
Die Entwicklung zum gegenwärtigen Interesse der temporären Aufführungen im
öffentlichen Raum vollzieht sich nicht leise, sondern findet laut in
Diskussionen statt. Es ist nicht neu, dass sich weitaus mehr Disziplinen als
nur die Kunst mit künstlerischen Interventionen außerhalb von
institutionalisierten Räumen auseinandersetzen, und die Kunst zur Eventisierung
und Kommerzialisierung von Stadt nutzen. [..]
"Kunst an sich kann nicht viel"
Vielleicht müssen die neuen Entwicklungen sich erst einmal vollziehen,
vielleicht müssen die verschiedenen Disziplinen erst zusammen finden, um sich
dann wieder von einander zu isolieren und zu definieren. Doch die Frage bleibt,
welches Interesse sich hinter der Aufmerksamkeit für die Kunst im öffentlichen
Raum verbirgt. Es scheinen nicht nur die Möglichkeiten zu sein, seine jeweils
eigene Disziplin weiterzudenken und interdisziplinär zu arbeiten, sondern auch
der Reiz, ganz neue Räume zu schaffen, indem der Raum des Gebäudes sich in den
Stadtraum erweitert und somit die Intimität des zugedachten Raums in eine Kunst
für alle transformiert. [..] Doch was kann Kunst im öffentlichen Raum? [..]
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