Ein Skulpturen Symposium lässt Bildhauerträume wahr
werden: Durch die Welt reisen, hart arbeiten, gut essen, monumentale
Skulpturen schaffen, respektvoll behandelt werden und abreisen mit
Geld in der Tasche. Das Stein Symposium ist Kunst Vorführung.
Nichts macht mehr Angst, als sich mit dem Hammer auf die Hand zu
schlagen und die Menge schaut zu, und nichts ist befriedigender
als das Gefühl einer positiven Rückmeldung eines Publikums,
das man für uninteressiert oder sogar kunstfeindlich hielt.
Ein Bildhauer Symposium kann folgendermaßen gekennzeichnet
werden: Öffentlich werden von ausgewählten Künstlern
in einer festgelegten Zeit Skulpturen geschaffen; die Skulpturen
verbleiben meist beim Sponsor; die Bildhauer erhalten ein Honorar,
Reisekosten, Unterkunft und Verpflegung.
Steinbildhauer Symposien
sind Ausdruck einer fast vergessenen Bewegung zeitgenössischer
Kunst: nämlich die, des modellierenden Steinkünstlers,
der moderne Werkzeuge mit traditionellen Techniken verbindet. Das
Zentrum dieser Bewegung ist in den Steinbrüchen von Pietrasanta
und Carrara in Italien. Symposien finden weltweit statt, oft mit
Italienisch als gemeinsamer Sprache. Moderne Diamantschneider und
pneumatische Werkzeuge haben das Arbeiten mit Stein verändert;
oft kommen Bildhauer nach Italien um zügig arbeiten zu lernen.
Sie besuchen Symposien um diese Erfahrung, die Fähigkeit anzuwenden,
schnell das widerstrebende Material in ein Kunstwerk umzuformen.
Die Bildhauer Symposien entstanden 1959 durch die Initiative
des Bildhauers Karl Prantl und anderer im Steinbruch von St. Margarethen
in Österreich. Ihr Antrieb war, Stein in ganz erheblicher Größe
bearbeiten zu können, etwas, was außerhalb der finanziellen
Möglichkeiten der teilnehmenden Künstler lag. In der Folge
fanden europaweit Symposien statt, vor allem in Carrara, in Israel,
Ägypten, Japan und neuerdings in Taiwan, China und Süd
Korea. Skandinavien hat eine lange Tradition in Granit Symposien,
die USA fast gar nicht.
In den 70er Jahren war Rino Giannini der
Organisator des ersten Symposiums in Carrara, als Professor der
dortigen "Accademia di Belle arte". Er erinnert sich mit
Grauen an die Massen, die von diesem ersten Symposium angezogen
waren. Tausende von Gaffern waren täglich da und beobachteten
wie 20 Bildhauer aus aller Welt auf Carraras zentralem Platz meißelten,
unter den zerschnittenen, hoch aufragenden Wänden des Steinbruchs.
Viele
Symposien werden von Bildhauern ins Leben gerufen um ihren Heimatländern
kulturelle Impulse zu geben. Sie werden unterstützt von den
jeweiligen Kommunen oder von Stein - Lieferanten. Kommunen wollen
Touristenziele werden indem sie ein wiederkehrendes kulturelles
Ereignis schaffen. Besucher und Einwohner kommen immer wieder um
die Fortschritte der Skulpturen zu verfolgen, die Medien können
von einem länger laufenden Ereignis berichten und der örtliche
Steinbruch bekommt ebenfalls Reklame. Die Gemeinden erhalten große
Skulpturen für einen relativ niedrigen Preis. Ein guter Teil
der Verantwortung des Organisators liegt beim Einwerben von Spenden.
Das Aufteilen der Unterstützung in der Gemeinde erweitet das
Gefühl von Anteilnahme. Wenn etwa Restaurants bei der Versorgung
der hungrigen Künstler mitmachen bekommen sie einen guten Eindruck
von der Gemeinde und umgekehrt. Elisabeth Ekstrand brachte den schwedischen
Werkzeughersteller Sandvik und den Hersteller von Sicherheitsausrüstung
Sundstrom dazu, das Symposium zu unterstützen, das sie im Quarzit
- Steinbruch im schwedischen Wasa Sten organisierte. Eine solche
Sponsorenschaft schafft Markentreue unter den Bildhauern und Werbung
für die Firmen.
Im belgischen Sprimont wird das Symposium
von den örtlichen Steinwerken (schwarzer Granit) und dem Musée
de la Pierre, dem Stein Museum unterstützt. Eines der erklärten
Ziele ist, den Fokus weg zu lenken von der Umweltschädigung,
mit der die Steinbrüche verknüpft werden und durch ein
Bild zu ersetzen, in dem ihr Stein mit Kunst - Herstellung und kulturellen
Ereignissen verbunden wird. In einem Steinbruch, der seit 1880 arbeitet,
sind jährliche Symposien eine Manifestation lokalen Stolzes
und Entstehen eines außergewöhnlichen Ereignisses, das
jedoch schon fast Alltag geworden ist.
Ein erfolgreiches
Symposium erfordert Anstrengung bei Künstlern und Organisatoren.
Der Künstler muss persönliche Werkzeuge mitbringen und
erkennen können, dass die Organisatoren gute Voraussetzungen
schufen für alle technische und persönliche Erfordernisse.
Dies umfasst Informationen zu Größe und Form der erforderlichen
Steine, Vorbereitung des Zuschnitts, Beschaffung größerer
Werkzeuge und Hebewerkzeug. Außerdem muss der Künstler das
versprochene Werk rechtzeitig fertig haben und der Anspannung der
vereinbarten deadlines gerecht werden. Er muss Verständnis
aufbringen für die Unruhe der Organisatoren, die ihre Ausgaben
für alle Einrichtungen und Aktionen rechtfertigen müssen.
Der Amerikaner John Fisher lebt in Pietrasanta. Er hat an
vielen Symposien in Frankreich teilgenommen und begeisterte Scharen
von Zuschauern durch das heraus Arbeiten einer Figur aus dem Stein.
Er sagt: "... der erste Tag ist oft ein Chaos - die Künstler
kommen, kriegen Zustände und beruhigen sich wieder." Häufige
Probleme sind: unzureichende Stromanlagen, bei denen nicht alle
gleichzeitig arbeiten können, zu schwache Druckluft Schläuche
oder ein zu schwacher Kompressor. Unterkunft und Verpflegung müssen
nicht luxuriös sein aber gut. Schlechte Unterbringung zeigt
ein Fehlen von Achtung, den Künstler sofort bemerken. Die Schweizer
Bildhauerin Jaya Schuerch sagt: " es ist schwer,
Dein Bestes für Leute zu geben, die Dich nicht respektieren."
Fisher ergänzt, dass " minimale
|
Erfordernisse sind ein
eigenes Zimmer mit einer guten Dusche. Schließlich hinterlasse
ich eine Skulptur, die viel mehr wert ist als mein Honorar. Die
Organisatoren müssen dem Bildhauer einen Raum überlassen,
in dem er nach einem langen Arbeitstag ausruhen und sich waschen
kann." Zoé de L'Isle Whittier ist von Paris um die ganze
Welt gereist um an Symposien teil zu nehmen. Sie sagt klar und deutlich:
Wir sind keine Pfadfinder im Lager, wir arbeiten hart, in der Öffentlichkeit,
und erwarten dafür auch gut behandelt zu werden."
Tatsächlich
variieren die Gagen und Zuwendungen sehr stark. So sind Symposien
in China bekannt für ihr reichliches und schmackhaftes Essen
und die Gelegenheit mit Hilfskräften zu arbeiten. So kann ein
recht großes Werk in kurzer Zeit entstehen. Das alljährliche
Symposium in Seravezza bei Pietrasanta stellt nur einen Steinblock
zur Verfügung, einen Arbeitsplatz und ein Mittagessen. Die
fertige Arbeit ist Eigentum des Bildhauers. Im Gegensatz dazu wurden
beim 1. Symposium in Hualien/Taiwan im Frühjahr 1997 Flugkosten,
1. Klasse Unterbringung und $ 7,000 an jeden Künstler bezahlt
für die 4-wöchige Teilnahme und die fertige Skulptur.
Die Teilnehmer können vom Organisator eingeladen oder
von einer Jury ausgesucht sein. Der Quebecer Künstler Pascal
Arch beklagt sich über Symposien, die bei der Bewerbung Modelle
verlangen, oft ohne Aufwandsentschädigung, selbst die Rücksendung
an den Künstler geht auf dessen Kosten. Er sagt: "Werk-Entwürfe
und Dias von vorhandenen Werken sollten hinreichende Information
sein um eine fähige Künstlergruppe auszuwählen."
Künstler sind der einer Meinung in ihrem Missfallen
zu Wettbewerben oder Geldpreisen für Sieger. Schuerch sagt
"Preise sind schädlich für die Arbeit, sie schaffen
böses Blut. Um Skulpturen zu machen braucht man die Arbeit
in einer kollegialen Umgebung. Wird das Geld unter den Teilnehmern
aufgeteilt erhält man gute Skulpturen und glückliche Leute."
Fisher spricht für viele wenn er meint: " ... "Themen"
sind ein Witz. Die Künstler machen trotzdem was sie wollen
und bringen es dann in einen Zusammenhang zum Thema."
Die
Publikumsreaktion ist sehr wichtig für Künstler, die gewöhnlich
alleine in ihren Ateliers arbeiten. Dazu meint Whittier: "Die
Skulpturen bedeuten den Leuten mehr als das, was eine Kommission
in
jemandes Atelier feststellt [ ... ]. Etliche haben erst einen Widerwillen
gegen öffentliche Kunst, sie meinen diese sei ihnen übergestülpt
worden und sie wissen nicht von wem. Bei einem Symposium stellen
sie Fragen, und schauen von allen Seiten. Für die Bildhauer
entstehen kleine Fan Clubs, die ihre Arbeit verfolgen. Sie ermutigen
uns, sie nehmen teil, sie bringen uns Hochachtung für unsere
harte Arbeit entgegen." Schuerch sagt: "Die Leute beobachten
die gesamte Entwicklung und sind begeistert. Es ist schön ihre
Begeisterung zu teilen. Es erinnert uns an die Magie, die Kunst
darstellt. Kunst ist kein Objekt, es ist ein Augenblick des Kontakts
wenn jemand dein Werk ansieht und davon berührt ist. Die Symposien
öffnen die Menschen für Kunst." Das Arbeiten in der
Öffentlichkeit über einen begrenzten Zeitraum kann Herausforderung
und Inspiration sein. Allan Farr warnt: "Beim Symposium geht
es um Arbeit; lang, hart, staubig und brutal." Aber Schuerch
fügt hinzu: "Zu wissen, dass man nur wenig Zeit hat ändert
das, was man macht. Ich muss mich selbst anstacheln. Es gibt mir
Kreativität." Fisher arbeitet figurativ, gestaltet sehr
direkt, ohne Modell oder vorher konzipierte Idee, von dem was er
machen will. Er meint: "Ich teile meine Kräfte ein. Bei
einem 10-tägigen Symposium dient der erste Tag dazu den Block
grob zu gestalten. Indem ich etwa 1/3 entferne komme ich zu seinem
Kern. Am zweiten und dritten Tag wird die grobe Gestaltung weiter
geführt und nach den figurativen Möglichkeiten gesucht.
Am Tag vier und fünf entwickelt sich ein klareres Bild. Die
Tage sechs bis acht lassen dieses Bild schärfer werden und
die Komposition ist vollendet. Die letzten beiden Tage sind für
Verbesserungen, Feinarbeiten, Oberflächenstruktur und dem letzten
Schliff." Bildhauer, die nach mitgebrachten Modellen
arbeiten, haben einen Vorsprung von etwa zwei Tagen und können
sofort damit los legen, ihre Vorstellung auf den Block zu bringen.
Einige Symposien verlangen schon bei der Bewerbung Modelle und Zeichnungen,
eine Erschwernis für die, die lieber nach Eingebung vom Stein
und der Örtlichkeit arbeiten. Whittier meint: "Ich war
sehr stark beeindruckt von der norwegischen Umgebung, der uralten
Kunst und den dort befindlichen Stein Monumenten. Dies bestimmte,
was ich beim Symposium Norge machte und der Einfluss auf meine Arbeit
hält bis heute an." Tatsächlich geschieht es manchmal,
dass Symposiums Teilnehmer länger bleiben, sich verlieben in
das Material oder den Ort. Der japanische Bildhauer Takashi Naraha
wurde 1980 vom schwarzen Diabas in Südschweden so fasziniert
[ ... ], dass er seither dort lebt.
Die Erfahrung eines Symposiums
oder einer Umgebung veranlasst Künstler auch oft zu neuen Veranstaltungen.
Elisabeth Ekstrand organisierte ein Symposium im Wasa Sten Quarzit
Steinbruch im schwedischen Dalarna 1995 und 1997 nachdem sie dort
vorher schon mit Porphyr gearbeitet hatte, den man wegen seiner
Härte auch "schwedischen Diamant" nennt. Der chinesische
Bildhauer Wei Xiao Ming organisierte 1996 ein Symposium in Tianjins
neuem Industrie- und Technologiegebiet.
Die Bedeutung der
Symposien fasst Rino Giannini zusammen: "Wenn Menschen sehen,
wie aus einem Stein ein Monument entsteht, dann geht Skulptur ins
allgemeine Bewusstsein ein. Die Menschen fangen an zu verstehen,
vielleicht zum ersten Mal, was Skulptur ist."
Neal
Barab ist Steinbildhauer und häufiger Teilnehmer bei Skulpturen-Symposien.
|