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Einleitung: Sehr geehrte
Frau Engl, Seit einiger Zeit beobachten wir Ihre künstlerische
Arbeit auf der Erde. Der kritische Umgang mit dem öffentlichen
Raum ist ein wichtiges Thema Ihrer Auseinandersetzung. Auch die
Möglichkeiten für Kunst im Weltraum sind seit einiger
Zeit ins Zentrum Ihrer Aufmerksamkeit gerückt. Unsere Stiftung
hat sich entschieden, Ihnen bei Ihren Unternehmungen unter die Arme
zu greifen und Ihnen die Möglichkeit zu geben, ein künstlerisches
Konzept im Weltraum zu verwirklichen. Wir sind der Meinung, dass
der Kunst eine bedeutendere Rolle in der von der Technik dominierten
Raumfahrt zugewiesen werden muss. Vor allem möchten wir eine
kritische Kunstpraxis im Weltraum unterstützen. Der Weltraum
ist quasi der öffentlichste aller Räume. Er bietet für
Sie eine Möglichkeit Ihre Vorstellungen in größerem
Rahmen einem b r e i t e n Publikum mitzuteilen. Der potentielle
Betrachterkreis schließt die ganze Weltbevölkerung mit
ein. Wir sind uns sicher, dass Sie diese Herausforderung annehmen
wollen. Bewusst wenden wir uns an Sie, als junge Künstlerin,
da in unseren Augen der Weltraum auch ein experimenteller Raum
für neue künstlerische Strategien sein soll.
Ihrer
künstlerischen Freiheit sind keine Grenzen gesetzt. Sie können
frei entscheiden, ob sie eine skulpturale Arbeit oder ein Partizipationsprojekt
entwickeln wollen. Wir möchten Sie bitten, uns Ihre Konzeptvorschläge
möglichst bald mitzuteilen, damit wir die entsprechenden Vorkehrungen
für die technische Umsetzung in die Wege leiten können.
Wir freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit und verbleiben Mit
freundlichen Grüssen, Der anonyme Auftraggeber. --------------------------------------------- und
hier die Antwort: Sehr geehrte Damen und Herren, Vielen
Dank für Ihre Einladung, ein künstlerisches Projekt für
den Weltraum zu entwickeln. Es freut mich sehr, dass Ihre Wahl auf
mich gefallen ist. Gerne werde ich die Herausforderung annehmen
und ein Konzept entwickeln, das meiner kritischen Auseinandersetzung
mit dem öffentlichen Raum der Erde auch im Weltall gerecht
wird. Da ich mit diesem Auftrag quasi "Neuland" betrete, schlage
ich vor, dass ich vorerst die Bedingungen für eine Kunstproduktion
im Weltall erforsche. Es tut mir leid, wenn ich damit die Umsetzung
des Projektes noch etwas verzögere, aber Sie werden mir sicher
zustimmen, dass eine genaue Standortrecherche für eine kritische
Kunstpraxis unabdingbar ist. Ich werde ein kleines Kompendium
zusammenstellen, das auch anderen KünstlerInnen als Recherchegrundlage
dienen kann. Dabei werde ich kurz die Praxis im öffentlichen
Raum auf der Erde zusammenfassen, um diese mit den Möglichkeiten
im Weltraum vergleichen zu können. Für weitere Anknüpfungspunkte
werde ich die politischen und kommerziellen Interessen am Weltraum
analysieren. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es genau die
gleichen sind wie auf der Erde und dass sich aus der differenzierten
Verflechtung der beiden Stränge ein guter Ansatz für eine
kritische künstlerische Strategie im Weltraum entwickeln lässt.
Wenn Sie möchten, kann ich außerdem einen kurzen Überblick
über künstlerische Projekte im Weltraum anschließen.
Auf diese Weise wird eine Art praktisches Handbuch für
eine kritische Kunstpraxis im öffentlichen Raum Weltall entstehen.
Das ist sicherlich auch in Ihrem Interesse, denn Sie können
diese Zusammenfassung als Referenzmaterial an KünstlerInnen
weitergeben, die von Ihnen unterstützt werden. Das künstlerische
Konzept werde ich im Anschluss an die Recherche entwickeln. Ich
hoffe, dass Sie mit diesem kleinen, aber unvermeidbaren Umweg einverstanden
sind. Bitte teilen Sie mir Ihre Meinung diesbezüglich mit.
Sie können mich jederzeit telefonisch erreichen. Mit den
besten Grüssen, Beate Engl ______________________________________________________________ Inhalt: Der
Weltraum als traditionell zweckfreier Raum
Der öffentliche Raum der Erde Public
art. Wandel der künstlerische Praxis im
öffentlichen Raum
Public space. Vom zweckfreien Ideal zum privaten
und verwalteten Raum Weltraum
als öffentlicher Raum
Politische
Interessen und Militarisierung Wirtschaftliches
Interesse und Kommerzialisierung Kunst
im öffentlichen Welt-Raum Die
Kunst und der Weltraum Reale Ansätze einer Kunstpraxis im Weltraum
Institutionalisierung, Positionierung und Bestandsaufnahme Der
Weltraum als Platz ------------------------------------------------------------------------ Textauszüge: [...] "Public
art: Wandel der künstlerische Praxis im öffentlichen Raum
Um den Weltraum über den Mythos des zweckfreien Raums hinaus
als öffentlichen Raum verstehen zu können, müssen
zuerst die irdischen Maßstäbe dieser Definition geklärt
werden. Erst wenn das All diesen Kriterien gerecht wird, können
konkrete künstlerische Konzepte folgen. [...] Art in
public spaces Seit den 60er Jahren drängen künstlerische
Positionen verstärkt aus den Kunstinstitutionen hinaus und
besiedeln als ortsbezogene Arbeiten den öffentlichen Raum.
Über die typische "Plop Sculpure" hinaus setzen sich Künstler
wie Richard Serra, Robert Morris und Robert Smithson intensiv mit
dem Raum auseinander, in dem die Skulptur oder die ortsbezogene
Arbeit platziert werden soll. [...]
Kunst im öffentlichen Welt-Raum Die
schwierigen Arbeitsbedingungen beeinflussen auch eine künstlerische
Praxis im Weltall. Wie kann man im freien Fall Kunst produzieren?
Noch gibt es kaum Erfahrungen wie die Kunstproduktion sich unter
schwerelosen Bedingungen entwickeln könnte. Zur besseren Vorstellung
muss man sich an Aussagen und Beschreibungen von Astronauten halten,
den wenigen auserwählten, die bereits reale Erfahrungen im
Weltraum haben. Könnte Kunst die Monotonie und das Zusammenleben
auf der Raumstation "verbessern"? Bleibt sie dabei im Dekorativen
verhaftet oder könnten ernsthafte künstlerische Experimente
durchgeführt werden? Welche Rolle spielt die Kunst bei der
politischen und kommerziellen Aneignung des Weltraums und wo gibt
es Anknüpfungspunkte für eine kritische Auseinandersetzung?
[...] Der Weltraum als Platz Noch gibt es keine Kunstpraxis
im öffentlichen Raum Weltraum. Es bestehen dort keine Prozentklauseln
für Kunst-am-Bau-Gelder, wie dies mancherorts auf der Erde
geschieht. Selbst dekorative Ansätze brauchen langen Vorlauf
und können oft die technischen und finanziellen Hürden
nicht überwinden. Die Gefahr einer kommerziellen Aneignung
der Kunst in der Form wie sie auf der Erde geschehen ist, erscheint
im Weltraum noch viel offensichtlicher gegeben. [...].
Der vollständige Text ist im Web leider nicht mehr verfügbar
(Stand 9.10.2006)
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