Kunst im öffentlichen Raum - Art in Public Space                                                                      Zurück

Denkmale - Mahnmale - Monuments - Memorials


Denkmale, Ehrenmale - Mahnmale, Gedenkstätten
In der Geschichte der Menschheit wurden in allen Epochen und Kulturen Denkmale gesetzt als Zeichen des Erinnerns an bedeutende Personen und Ereignisse: Triumphbogen, Pyramiden oder Siegessäulen, Standbilder auf hohen Sockeln, Büsten, Gedenkplatten aus edler Bronze.


Inspiriert von antiken Denkmalen, setzt in der Renaissance eine Blütezeit traditioneller abendländischer Denkmalkunst ein. Ab den 60-er Jahren des 20. Jahrhunderts haben sich jedoch Erscheinungsformen, Materialien und gedankliche Hintergründe von Kunstwerken erweitert. An Bildhauer-Symposien nahmen Künstler aus verschiedensten Nationen teil. So wurden auch viele akademisch tradierte Sichtweisen deutlich verändert.

In großen Städten und kleinen Kommunen, selbst in der freien Landschaft stoßen wir auf Denkmale, auf Gedenkstätten und Mahnmale, die auffallend, ja provozierend gestaltet sind. Meistens hasten wir an ihnen vorbei ohne aufzusehen, wir nehmen sie nicht wahr. Doch erzählen sie Interessantes zu unserer Geschichte und unserer Identität. Sie regen zum Erinnern und Nachdenken an.

Es mag überraschend klingen: In der Systematik der 3-dimensionalen Kunst werden Denkmale und Mahnmale gesondert betrachtet und streng genommen nicht zur "Kunst im öffentlichen Raum" gezählt.
Gelten für sie andere Kriterien, muss man sie nach anderen Maßstäben betrachten?

Mahnmale werden der Konzeptkunst zugeordnet.
Ästhetische Qualität, künstlerische oder handwerkliche Gestaltung stehen nicht im Vordergrund. Die Werke wollen nicht gefallen, eher können sie irritieren. So werden Diskussionen angeregt und die Betrachter zur Reflexion gebracht.
Wie alle politischen und gesellschaftskritischen Äußerungen führen Mahnmale deshalb oft zu polemischen Auseinandersetzungen in Kommunen, der Presse und am Stammtisch.
Mit gefälligen Werken in Fußgängerzonen oder Figuren aus lokalen Anekdoten haben solche Werke nichts gemeinsam.


Zitate:
"Ereignisse sind Waffen zur Politisierung der Kunst"
sagt Wolf Vostell 1970.


Er wolle es nicht als Denkmal für ein kollektives Erinnern verstanden wissen, sondern er wolle den Finger in die Wunden gesellschaftlicher Erinnerungsarbeit legen .., so Olaf Metzel zu seinem 1984 entstandenen Stuttgarter Werk Stammheim.

Wolfgang Mattheuer selbst sagte zu seiner Skulptur Der Jahrhundertschritt: "Die Figur ist nicht eindeutig, wie unser Jahrhundert nicht eindeutig war. Es war zerrissen".



Fotoserien Denkmale - Gedenkstätten
Fotoserien Mahnmale - Gedenkstätten


"Durch die Plastik erschließen sich viele Geschehnisse unseres Jahrhunderts: Krieg, Schuld, Blindheit vor Gefahren, Zukunftsangst" sagte 1985 ein Betrachter zu Wolfgang Mattheuers Werk.

Denkmale und Ehrenmale:
Anders als in vielen Ländern zögert man heutzutage in Deutschland Personen der Zeitgeschichte und aktuelle Ereignisse auf Gedenksteinen oder Gedenktafeln zu ehren. Die Denkmale der Gegenwart appellieren daher weniger an staatliche und ideologische Machtvorstellungen als an allgemein menschliche Ziele und Ideen. Oder sie versuchen berühmte Persönlichkeiten in Denkmalen neu zu interpretieren. Das kann man z. B. an verschiedenen Denkmalen für Heinrich Heine oder Friedrich Hölderlin erkennen.


Mahnmale und Gedenkstätten sind eine besondere Form der Denkmale:
Weltweit stößt man auf sie und sie befassen sich mit außergewöhnlichen, oder gar traumatischen, Ereignissen des Landes, seiner Gesellschaft oder einzelner gesellschaftlicher Gruppen. Etwa in Bezug auf Juden, Sinti, Roma, Zwangsarbeiter und Homosexuelle. Es sind Gruppen, die oft lange unterdrückt oder verfolgt wurden. Auch ein Mahnmal für Frieden und Freiheit - gegen Krieg und Gewalt, das ohne direkten örtlichen oder zeitlichen Bezug geschaffen wurde, ist hier zu nennen. Wie andere Gedenkstätten will es die Grausamkeiten von Krieg und Gewalt kommenden Generationen deutlich machen und davor warnen. Es will Betroffenheit erzeugen und über die Generationen das Erinnern wach halten.


Leider werden Mahnmale und Gedenkstätten meist nur von Schulklassen besucht. Zu Jahrestagen halten Politiker Reden und lassen die Medien darüber berichten. Mit Foto natürlich. Sonst sind sie Orte der Stille.
Das Holocaust-Mahnmal in Berlin ist, in Deutschland, wohl die einzige Ausnahme.


Die Begriffe Denkmal und Mahnmal zu trennen ist nicht einfach. Zu oft überschneiden sie sich, können "sowohl als auch" sein. Das Denkmal der grauen Busse, das an die Euthanasiemorde in der NS-Zeit erinnert, oder die Stolpersteine sind eindrückliche Beispiele.

Vom Denkmalgedanken am Ende des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben sich heutige Werke und Projekte eindrucksvoll abgewandt. Monumentale Bauwerke und Skulpturen aus der Zeit von Faschismus, Sozialismus und Kommunismus sind Überbleibsel einer vergangenen Zeit, haben fast schon selbst Denkmalwert.


                                        Eberhard Hauff - 03/2013